Natürlicher Pfeifentabak?
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- Veröffentlicht: Mittwoch, 22. November 2017 06:00
- Geschrieben von Deniz Beck
It happens so fast… one moment of unwariness and what moments ago was your new love seems to be have become a lost cause… my head hanging low, thinking about what wonderful times we two could’ve experienced if I it wouldn’t have happend…
Natürlicher, reiner Pfeifentabak? Mythos? Rarität? Gibt es ihn überhaupt?
Viele Pfeifenraucher sehen sich gerne als Puristen – ich zähle mich auch dazu. Doch wie natürlich sind unsere „naturbelassenen“ Tabak-Blends eigentlich? Gibt es ihn überhaupt, den »reinen Tabak« für die Pfeife?
Als ich das Pfeifen rauchen angefangen hatte, ging ich davon aus, dass Pfeifentabak (mal abgesehen von Aromaten) wirklich TABAK PUR wäre… schnell haben die Jungs mich aber darauf hingewiesen
»Jeder Tabak ist in irgendeiner Form bearbeitet und da werden immer Zusatzstoffe hinzugefügt, seien es natürliche oder chemische! Jeder Tabak bekommt mindestens ein „Casing“, sonst schmeckt er gar nicht!«
»Casing« beschreibt etwas anderes als »Aromatisierung«. Fast jeder Pfeifentabak hat eine Art Casing, seien es künstliche Aromastoffe, oder natürliche wie Zucker, Ahornsirup oder ähnliche. Jedoch wurde meine Interesse geweckt… ein wenig Recherche und mir wurden die Augen ein Stückweit geöffnet. Denn viele Tabake, die ich für »sehr natürlich« hielt, hatten nicht wenige Zusatzstoffe in sich – sei es natürliche oder chemische! Letztere stören mich besonders!
Auf einigen Seiten sind Zusatzstoffe unzähliger Tabak-Blends mehr oder weniger genau aufgelistet. Ein paar davon möchte ich auch mit euch teilen:
- Liste von Zusatzstoffen der Scandinavian Tobacco Group (STG)
- Liste von Zusatzstoffen der STG von 2016
- Liste der Zusatzstoffe in Pfeifentabaken verschiedener deutscher Produzenten (DTM, Pöschl, Plante und weitere)
- PDF Download einer Liste von Zusatzstoffen in Kohlhase & Kopp (K&K) Blends
- BMEL - Tabakzusatzstoffe Suchmaske für verschiedene Tabakprodukte (Danke an Michael Richter für den Link! Hier findet ihr neben Pfeifentabaken auch Drehtabake und ähnliches)
Wichtige Informationen für den Pfeifenraucher
- Für den einen mehr, für den anderen weniger wichtig - letztendlich Geschmackssache.. aber informiert sollte der Pfeifenraucher sein!
In diesen Listen finden sich einige natürliche Zusatz- und Aromastoffe, aber auch unzählige chemische Additive oder künstliche Aromastoffe. Was mir ein bisschen übel aufstößt, ist der Fakt, dass die Listen eher unbekannt sind und auch nicht all zu leicht zu finden sind. Bei Lebensmitteln muss wirklich jede Kleinigkeit aufgeschlüsselt werden, warum nicht auch bei Tabakprodukten? Die konsumieren wir ja auch!
Manche stören sich an künstlichen und chemischen Additiven weniger, manche mehr. Zugegeben – wir reden hier jetzt nicht über »Chemiekeulen« oder ähnliches und einige Zusatzstoffe sind einfach notwendig für einen industriellen Verkauf in dem großen Ausmaße. Der Tabak kann nämlich auch gut und gerne mal paar Jahre im Ladenregal liegen…. also muss er feucht bleiben! Er kann auch schimmeln… also muss das verhindert werden! Für große Produzenten sind die ein oder anderen nicht-natürlichen Zusatzstoffe daher einfach unumgänglich!
Ich persönlich bevorzuge aber einen Tabak, der so natürlich wie möglich ist – Ausnahmen bestätigen die Regeln, wie z.B. der ein oder andere (Semi-)Aromat! ;-) Das birgt aber Aufwand in zweierlei Hinsicht mit sich: Erstmal so einen Tabak zu finden und ihn dann auch fachgerecht zu lagern!
Und da sind wir bei einem Punkt, um den es letztens auch in der Google+ Gruppe ging: Schimmel verhindern! Einige Produzenten, Motzek oder McClelland wären zwei mir bekannte, verzichten auf chemische Konservierungsmittel, verwenden natürliche Anti-Schimmelmittelchen. Michael aus der G+ Gruppe fragte Gerd unter einem Bild, wo er seine Plugs und Twists am »lüften« war:
Gerd »lüftet« seine Tabakschätze
»Habe jetzt schon mehrfach gehört, dass die TAK-Tabake recht schnell schimmeln. Hast du auch schon die Erfahrung gemacht?« war Michaels Frage.
Gerd verneinte, denn er beherzigt einen einfachen Kniff: Regelmäßiges Lüften der Tabake! Ich selber hatte schon das „Vergnügen“ Schimmel an meinem Tabak zu entdecken, was eben daran lag, dass ich damals noch nicht wusste, dass Tabak-Blends ohne chemische (dafür aber auch effektivere) Konservierungsmittel regelmäßig „frische Luft“ und eine kühle, trockene Umgebung brauchen. Aber das ist nur die halbe Miete, denn der Produzent muss wortwörtlich »Feintuning« am Tabak machen, damit dieser problem- und schimmelfrei zu lagern ist!
Persönliche Erfahrungen, Infos und Tipps von einem Hersteller
Ich teile auch meine persönlichen Erfahrungen:
»Aus meiner intensiven Erfahrung heraus: Wenn du das Lüften nicht beherzigst JA! Woran liegt das? Habe Tom auch mal gefragt gehabt, er sagte das liegt daran, dass er keinerlei chemische Anti-Schimmelmittel aufträgt... dafür hast du halt Chemie-freien Tabak, ja, ein wahres Naturprodukt! Bis auf bei den Tabaken aus der "leicht aromatisierten" Sektion benutzt er keinerlei chemische Zusatzstoffe für die Tabake. "Salz, Zucker, Essig, Wasser, Hitze, Kälte" hat er mir mal auf meine Frage geantwortet, was denn in seine Tabake für Zusatzstoffe kommen.
Schimmel gibt's aber eigentlich auch nur bei Plugs oder Twists. Wenn ein Blend zu stark zum schimmeln neigt, dann nimmt Tom den Tabak raus und überarbeitet das Rezept und fügt mehr natürliche Konservierungsstoffe bei (Salz ist z.B. eines hatte er gesagt) und senkt die Feuchtigkeit des Tabaks. Das ist halt das, wie ich finde, tolle an Motzek... der direkt Kontakt zum Tabakmischer.. irgendwas passt nicht am Tabak? Tom geht darauf ein! Er schätzt Rückmeldungen, auch wenn sie nicht positiv sind. Deswegen fühle ich mich tabaktechnisch auch so "zuhause" bei Motzek. Man ist halt ein kleiner Teil von diesem kleinen Unternehmen, das gefällt mir persönlich sehr.
Mir ist seit Monaten kein Motzek Tabak mehr geschimmelt, da ich täglich meine Twists und Plugs lüfte für 5-10 Minuten. Und die, die geschimmelt hatten waren ganz neue Mischungen, die noch etwas "Feinschliff" in sachen Konservierung brauchten. Für manch einen vllt. zu viel, für mich persönlich jede Mühe wert.
Letztendlich hat jeder seinen eigenen Geschmack und (wie ich es nenne) "Pfeifenwelt". Der eine will nur die Dose öffnen und altbewährtes genießen, der andere hantiert gerne mit Tabak und ist offen für Experimente, oder sucht diese gar. Einer mag Natur, der andere liebt Aromatisches. Jeder nach seinem Gusto, das ist ja das schöne an der Welt der Pfeifen und Tabake wie ich finde! Keiner ist ein "besserer Pfeifenraucher" als der andere, weil er den und den Tabak liebt, oder nur die teuersten Pfeifen raucht.. ;-)
Also: Bei fachgerechter "Haltung" der Tabak schimmelt da nichts. Muss halt jeder selbst überlegen, ob es ihm das wert ist, bzw. ob das was für ihn ist, oder nicht! :-)«
Zusätzlich sei angemerkt, dass die allermeisten Hersteller einen Tabak der doch mal geschimmelt haben sollte hat ohne wenn und aber ersetzen!
Die Welt der »most natural« Pfeifentabak Blends - klein, aber es gibt sie!
McClelland aus den USA soll z.B. auch auf künstliche Konservierungsmittel verzichten und auf Essig setzen (daher soll auch der Ketchup-artige Geruch kommen, den einige ihrer Blends an sich haben wurde mir mal gesagt).
Andere Blends und Blender neben Motzek und McClelland, die mir einfallen, die zwar sehr wahrscheinlich chemische Konservierungsmittel enthalten, aber in Sachen zugefügten Aromen sehr minimalistisch, bis pur sind wäre die komplette »HH-Line« (z.B. HH Bold Kentucky von Mac Baren) und einige andere Tabake (wie z.B. auch die meiste »Roll Cakes«) von Mac Baren (Mac Baren - Dark Twist Roll Cake) sind nur mit Wasser, Zucker und/oder Ahornsirup versetzt.
Planta hat mit der »Image« Serie drei Blends gänzlich ohne Zusatzstoffen auf den Markt gebracht. Einen Virginia, einen Perique, einen Latakia. Den Virginia konnte ich bereits probieren und habe ihn auch hier rezensiert. Eine ganz andere Geschmackswelt… viel weniger intensiv im Aroma, viel würziger, weniger süß als das, was man sonst kennt und raucht! Auch Solani schreibt sich auf die Flagge sehr natürlichen Tabak herzustellen, der so wenig Zusatzstoffe wie möglich in sich trägt.
Zusammenfassend: Es ist Geschmackssache! Ob einem die extra Mühe des Suchens und Pflegens dieser natürlicheren Tabake die Sache wert ist, muss letztendlich jeder für sich entscheiden. Dem ein oder anderen ist die Sache vielleicht gar nicht so wichtig. Wie in meinem Zitat gesagt: »Jeder hat seine eigene kleine Pfeifenwelt – und das ist ja das schöne am Pfeife rauchen!« Außerdem hat beides seinen Reiz… natürlicherer, eher würziger Tabak, oder aromatisierter Tabak – beides schmeckt sehr gut! Und bei Zeiten greife ich auch mal zu einem aromatisierten Tabak, wenn mich die Lust auf was Süße(re)s packt.
Tabak und Natur... auch wenn hier ein aromatisierter Tabak zu sehen ist, passen die zwei hervorragend zueinander
Trotzdem möchte ich mit diesem Beitrag das Bewusstsein dafür wecken oder erhöhen, was in einem Pfeifentabak eigentlich so drin ist, welche Funktionen die Zusatzstoffe haben und ob und was es für Alternativen zu künstlichen oder chemischen Additiven gibt. Deswegen als weiteren Lesestoff für Interessierte hier ein paar weiterführende Links rund um Zusatzstoffe in Pfeifentabak:
- The Tobacco Flavor Book - ein wunderbarer Einblick in die Welt der Zusatz- und Aromastoffe in Pfeifentabaken
- Genereller Überblick über die Produktion und erlaubte und häufig genutzte Zusatzstoffe in Pfeifentabaken der EU (vom Institute for Health and Consumer Protection)
- Genereller Überblick 2 (von der EU Health and Consumer Protection)
- Erlaubte Zusatzstoffe in Pfeifentabaken aus dem UK
Viel Spaß beim stöbern und entdecken. Wer noch etwas beizufügen hat, noch mehr Zusatzstofflisten kennt, oder Blends kennt, die ohne Zusätze auskommen, kann das gerne per Mail an uns machen. Vielleicht ist der ein oder andere ja genauso interessiert auf dem Gebiet wie ich. :-)
Auch dem Tiger gefällt der Duft von leckerem Pfeifentabak
Linktipps
- Interview mit Per G. Jensen von Mac Baren
- Interview mit Tom Darasz von Motzek/TAK
- Interview mit Denis Tonti (Pfeifenmacher)
Fotos and Text © 2017 Deniz Beck (Quelle(n): Wikimedia Commons)