85 Jahre Pipe House in Koblenz
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 27. September 2018 06:00
- Geschrieben von Christian Czinczel
Seit seiner Gründung 1933 befindet sich das Pipe House an der gleichen Adresse – Ecke Jesuitengasse / Entenpfuhl in der Altstadt von Koblenz. Das Pipe House ist eines der wenigen Fachgeschäfte, die regional, überregional und sogar international in der Gemeinde der Genussraucher bekannt ist. Und so feiert das Pipe House dieses Jahr sein 85-jähriges Bestehen.
85 Jahre Pipe House - Herzlich Willkommen
Deshalb habe ich mich besonders gefreut dieses Jahr auf dem Weg in die Eifel das Pipe House zu besuchen und mich mit dem Senior-Chef Jürgen Wilde ein wenig zu unterhalten – ein wenige war in diesem Fall über zwei Stunden interessante Geschichten rund um das Pipe House, Pfeifen, Tabak, Zigarren und den einen oder anderen guten Tropfen. Und natürlich ist es nicht nur beim Reden geblieben.
Das Pipe House befindet sich an zentraler Lage in der Altstadt von Koblenz, unweit dem Deutschen Eck und anderen Koblenzer Sehenswürdigkeiten. Normalerweise betrachte ich zuerst die Auslagen im Schaufenster eines Fachgeschäftes. Es gibt Schaufenster und Schaukästen, in denen Produkte ausgestellt werden, aber dominiert wird die Front des Pipe Houses von einer großen Panoramascheibe, die den Blick in den Verkaufsraum für Pfeifen und Tabak freigibt. So wird man vielmehr durch die direkte rheinische Art eingeladen, den Laden zu betreten: «Was stehst Du da draußen rum, komm´ doch rein. Ist viel gemütlicher und Du kannst alles viel besser sehen.»
Wenn man das Pipe House betritt wird man sofort freundlich empfangen und fühlt sofort willkommen. Aber man wird auch gleich mit einer ersten «echten» Entscheidung konfrontiert. Will man zuerst die große Auswahl von Whiskeys, Gin und Edelbränden in Augenschein nehmen? Oder zuerst Pfeifen und Pfeifentabak und dann später die Zigarren? Denn je nach Entscheidung geht es geradeaus oder die Treppe hoch. Mich zieht zuerst er Raum mit den Pfeifen an. Ich hatte ja schon einen Blick durch die große Panoramascheibe geworfen.
Pfeifen und Pfeifentabak
Wenn man den Verkaufsraum mit den Pfeifen betritt, fällt der Blick sofort auf den mächtigenTisch in der Mitte und einer ebenfalls riesigen Regal. Beides – Tisch und Regal – sind eine Augenweide. Pfeifen verschiedener Pfeifenmacher und Hersteller werden präsentiert. Man möchte eigentlich sofort zugreifen und eine Pfeifen in die Hand nehmen. Aber halt. Darf man das?
Man muss die Pfeifen nicht in die Hand nehmen, aber man ist herzlich dazu eingeladen. «Wir möchten das jeder Pfeifenraucher jede Pfeife in die Hand nehmen kann, damit man die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pfeifen auch fühlen kann», so die Senior-Chefin Ute Wilde. «Nur so spürt man den Unterschied zwischen einer Vauen, Savinelli oder Peterson. Oder wie fühlt sich eine Winslow, Castello oder Caminetto an? Bei uns ist der Kunde eingeladen dies herauszufinden.»
Aber die Pfeifen, die man sieht, stellen noch lange nicht das gesamte Angebot dar. In den Schubkästen sind noch viele weitere Pfeifen. Auch hier gilt – man ist dazu eingeladen die Schubladen selbst aufzuziehen und sich auf die Suche nach einer schönen Pfeife zu begeben. Selbstverständlich ist man bei der Suche nicht auf sich allein gestellt. Ein Mitarbeiter vom Pipe House steht jederzeit mit seiner langjährigen Erfahrung, seinem Rat und Tat zur Seite.
Dass die Mitarbeiter im Pipe House selbst Pfeifenraucher sind, ist so selbstverständlich, dass nicht nur Jürgen Wilde, sondern auch die Mitarbeiter einen Teil ihrer Pfeifen im Pipe House aufbewahren. Wenn man sich fragt, wie eine Pfeife wohl in einigen Jahren aussieht, darf man sich nicht wundern, wenn ein Mitarbeiter eine gleiche oder ähnliche Pfeife zur Hand nimmt und sagt: «Das ist einer meiner persönlichen Pfeifen. Die habe ich nun schon seit 5 Jahren in Gebrauch und ich rauche sie 2 bis 3 drei Mal in der Woche.»
Hat man sich für eine der vielen Pfeifen entschieden, kann man sich aus einer grossen Auswahl von Pfeifentabak inspirieren lassen. Neben den gängigen Marken – Mac Baren, Samuel Gawith & Co. – gibt es eine Reihe von Haustabaken und das gesamte Tabaksortiment von John Aylesbury.
Von John Aylesbury sind natürlich nicht nur die Pfeifentabake im Angebot, sondern das gesamte Programm einschliesslich des Pfeifen- und Zigarrenangebots, sowie das Spirituosen- und Zubehör-Sortiment. Und natürlich kann man sich den aktuellen John Aylesbury-Katalog mit in die Einkaufstasche stecken lassen.
Die Beziehung vom Pipe House zu John Aylesbury reicht bis in die Anfänge von John Aylesbury zurück. Das Pipe House war eines der ersten Fachgeschäfte in Deutschland, dass das gesamte John Aylesbury-Sortiment den Kunden angeboten hat. Noch heute wird eine sehr enge Partnerschaft gepflegt und Jürgen Wilde steht bei der Entwicklung des Angebotssortiments des jährlichen John Aylesbury-Katalogs mit Rat und Tat zur Seite.
Zusätzlich gibt es ein Sortiment von Hausmischungen, die mit viel Sorgfalt, Fachwissen und Leidenschaft zusammen mit einem Tabakproduzenten über viele Jahre entwickelt wurden. Beim Thema Hausmischungen gilt das Motto «Klasse, statt Masse». Insgesamt gibt es etwas mehr als 15 Hausmischungen mit einigen Tabaken für jede Geschmacksrichtung. Ob Liebhaber von aromatisierten Tabaken, naturbelassenen oder englischen Tabaken. Für jeden Pfeifenraucher sollte im Sortiment der Hausmischungen etwas dabei sein.
Tabakproben – eine Rarität in der heutigen Zeit. Bei Pipe House kein Problem. Von den Tabaken von John Aylesbury und den Hausmischungen darf man jederzeit nach einer Probe fragen. Natürlich gibt es von jedem Tabak eine geöffnete Dose, so dass man vor dem Kauf daran schnuppern kann.
Zigarren
Zurück in den Empfangsbereich und die Treppe hochsteigen. Wenn man im ersten Stock angekommen ist steht man vor einer Glastüe, die der Eingang zum begehbaren Humidor darstellt. Aber zuerst kann man sich im Zubehör-Angebot für den Zigarrenraucher umsehen. Es ist auch interessant einen Blick auf die vielen Bilder an den Wänden zu werfen. So bekommt man einen Eindruck, welche Persönlichkeiten im Pipe House Kunden sind und zu welchen Lieferanten man eine enge Geschäftsbeziehung hat.
Wenn man die Türe zum begehbaren Humidor öffnet, ist man zuerst einmal überwältigt. Überwältigt aus zwei Gründen. Der erste Grund – der intensive Duft nach Zigarren aus der ganzen Welt. Der zweite Grund – diese Auswahl auf ca. 30 m2 an Zigarren ist beeindruckend. Nicht ohne Grund ist das Pipe House für seine Auswahl national und international bekannt.
Da ich nur gelegentlich eine Zigarre rauche, bin ich mit dem Angebot etwas überfordert und lasse mir von Jürgen Wilde das Angebot an Zigarren vorstellen. Mit meinem bescheidenen Wissen über Zigarren habe ich den Eindruck, dass es nicht gibt, was es nicht gibt. Wenn man hier die gewünschte Zigarre nicht findet, wo dann? Ein Schwerpunkt des Angebots liegt bei Zigarren aus Nicaragua und Kuba. Zu Zigarren aus Kuba hat das Pipe House eine besondere Beziehung – dazu später noch etwas mehr.
Wie ich dann gedacht habe, dass ich etwas den Überblick haben, lächelt Jürgen Wilde und sagt: «So, jetzt gehen wir in den zweiten Stock. Beim «Humidor für die Spezialitäten» handelt es sich um einen ca. 10 m2 großen weiteren begehbaren Humidor. In diesem Humidor werden rare, vorwiegend kubanische Zigarren aufbewahrt. Manchen Kunden muss man beim Betreten des Humidors ein Limit an Zigarren auferlegen. «Wenn ich das nicht mache, dann kaufen die mir den ganzen Humidor leer. », erzählt Jürgen Wilde, «Das wäre nicht fair gegenüber anderen Kunden, die vielleicht von weither anreisen und dann vor leeren Regalen stehen würden».
Im zweiten Stock befinden sich auch die Kunden-Humidore. Das sind Humidore, die Kunden anmieten können, um dort ihre Zigarren fachgerecht lagern zu können, um diese dann in der Lounge genießen zu können. "Die Humidore erfüllen aber noch einen weiteren Zweck", erklärt Jürgen Wilde mit einem Augenzwinkern, "so mancher Ehemann will seine Frau nicht mit allen Einzelheiten seiner Leidenschaft beunruhigen."
Lounge
Wer seine Zigarre oder Pfeife gerne in Gesellschaft genießt, kann dies in der der Lounge im Pipe House gerne tun. Die Lounge befindet sich ebenfalls im 2. Stockwerk des Pipe House und ist im Stile eines englischen Clubs eingerichtet. Mehrere gemütliche Ledersessel und -couches laden zum gemütlichen Verweilen ein, um eine Zigarre oder Pfeife zu genießen. An der kleinen Bar kann man sich zu Zigarre und Pfeife einen Begleiter in Glas füllen lassen – Whiskey, Rum, Gin oder anderer Spirituosen stehen zur Auswahl.
Die Lounge ist immer geöffnet, wenn auch das Pipe House geöffnet ist. Die Lounge des Pipe Houses hat sich zum Treffpunkt der Koblenzer Zigarren- und Pfeifenraucher entwickelt. So ist man selten alleine und findet sehr schnell Kontakt zu einem gleichgesinnten Genießer.
La Casa del Habano – der Ritterschlag als Zigarrenhändler
Wie kommt es, dass man im Pipe House eine solche Auswahl an Raritäten – insbesondere aus Kuba – hat? Der kubanische Zigarrenexport ist in staatlicher Hand und wird weltweit streng hierarchisch organisiert. Der kubanische Staat entscheidet, wer weltweit eine Verkaufsstelle (Habanos Point), ein Tabakhändler (Habanos Specialist) oder gar eine La Casa del Habano ist. Nur wer sich erfolgreich für eine La Casa del Habano beworben hat, wird mit dem gesamten Exportsortiment an kubanischen Zigarren beliefert.
Weltweit gibt es ca. 150 La Casas del Habano. Man kann also von einem Ritterschlag für ein Zigarrenfachgeschäft sprechen, wenn es eine La Casa del Habano einrichten darf. Diese Ehre hat das Pipe House erhalten. Im Januar 2016 wurde im Beisein des kubanischen Botschafters in Deutschland die La Casa del Habano im Pipe House feierlich eröffnet.
Geschichte Pipe House – von 1933 bis Heute
Gegründet wurde das Pipe House 1933 von August Ernst Wilde. Neben dem Einzelhandel wurde später die Geschäftstätigkeit um einen Grosshandel erweitert. Der Vater von Jürgen Wilde hat das Pipe House bis 1978 geführt. Jürgen Wilde, der heutige Senior-Chef, arbeitet seit 1970 im Geschäft mit, bis er es 1978 die Führung von seinem Vater übernommen hat. Um auf die Aufgabe vorbereitet zu sein hat Jürgen Wilde neben einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann auch mehrere «Praktika» bei renommierten Firmen im In- und Ausland absolviert – darunter waren Unternehmen wie Davidoff in Genf, aber auch Dunhill in London. Aber auch bei Pfeifenmachern in Italien und Frankreich hat Jürgen Wilde sein Handwerk gelernt. Seit 1980 arbeitet auch seine Frau Ute Wilde im Unternehmen mit und sorgt mit ihrer Ausbildung zur Dekorateurin für die einzigartige Atmosphäre im Pipe House.
Viele Pfeifen- und Tabakfachgeschäft stehen vor einer großen Herausforderung – einer Nachfolgeregelung. Dieses Problem gibt es im Pipe House nicht. Denn sowohl die Tochter Stephanie, als auch der Sohn Maximilian arbeiten bereits im Pipe House mit und werden in absehbarer Zeit das Ruder übernehmen.
Maximilian hat Betriebswirtschaft studiert und kümmert sich in Zukunft schwerpunktmäßig um die betriebswirtschaftliche Seite. Stephanie hat, wie ihr Vater, neben einer klassischen Ausbildung das Pfeifenhandwerk bei Castello und Paul Winslow kennengelernt. "Stephanie hat sich zur Zigarrenrollerrin in Nicaragua ausbilden lassen", berichtet der stolze Vater, "und wird zukünftig für das Pipe House eigene Zigarren herstellen."
Und wie sieht Jürgen Wilde die Zukunft für Pfeifen und Zigarren? "Zigarrenrauchen ist nun schon einige Zeit sehr populär. Pfeife rauchen wird auch wieder populärer. Durch die ganzen Rauchverbote findet es nur nicht in der Öffentlichkeit statt. Vielmehr findet es in den eigenen vier Wänden statt.", so Jürgen Wilde.
Aber natürlich muss man heute seinen Kunden etwas bieten. Die Zeiten, in denen man auf die Kunden gewartet hat bis sie von alleine in den Laden gekommen sind, sind definitiv vorbei. Deshalb gibt verschiedene Veranstaltungen im Pipe House rund um das Thema Genuss mit Schwerpunkt Pfeife und Zigarre. Das fängt bei Gin-, Rum-, Whiskey- und Spirituosen-Tastings an, geht über Pfeifen- und Zigarren-Abenden, bis hin zu Besuchen von Pfeifenmachern und Zigarrenrollern. Dass das Peiferauchen wieder populärer wird, zeigen die regelmässig veranstalteten Pfeifenabende, die immer ausgebucht sind und Pfeifenneulinge sich von erfahrenen Pfeifenrauchern in das Ritual des Rauchens einer Pfeife einweihen lassen können.
Jubiläumsangebote – Pfeife, Tabak und Zigarren
Um das 85-jährige Firmenjubiläum zu feiern, liegt es nahe den Kunden etwas Besonderes zu bieten. Für die Pfeifenraucher gibt es einen Jubiläumstabak und eine exklusiv von Caminetto entworfene und hergestellte Jubiläumspfeife. Und natürlich wurden die Zigarrenraucher nicht vergessen. Diese können sich auf die «Punto de Confluentia» freuen.
"Von Anfang an war klar, dass die Jubiläumspfeife einen rechteckigen Holm haben muss", erklärt Jürgen Wilde zur Entwicklung des Designs für die Jubiläumspfeife. "Auf dieser Grundlage hat Caminetto die Entwürfe gemacht. Und sie haben es geschafft eine klassische, aber auch moderne Pfeifen zu entwerfen."
Die Jubiläumspfeife gibt es in zwei Shape in drei Ausführungen – glatt hell, glatt dunkel und rustiziert als klassisch gerade oder als Bent. "Für die Jubiläumspfeife wird natürlich nur bestes Bruyère verwendet,", so Jürgen Wilde weiter, "dass ansonsten bei Caminetto nur für ihre Spitzenpfeifen verwendet wird.". Am Ende des Holms zum Übergang des Mundstücks ist ein Silberring angebracht. Jede Pfeife ist mit «PIPE HOUSE 85 YEARS» gestempelt.
Für den Jubiläumstabak «85-Jahre Pipe House» wurden ausschließlich hochwertige Virginia-Tabake und Black Cavendish verwendet. Nach dänischer Tradition wurde eine Aromatisierung verwendet, die durch ihre mild-süsse Raffinesse zu überzeugen weiß. Intensive Tonkabohne verschmelzen mit Creme Karamell und einem Hauch exotischer Früchte. Der Jubiläumstabak ist in einer Schmuckdose zu 100g erhältlich – und was mich persönlich freut ist, dass der Warnhinweis die schöne Schmuckdose nicht komplett verschandelt.
Die Zigarrenliebhaber können sich auf eine besondere Komposition aus Nicaragua freuen. Denn zum 85-jährigen Bestehen des Pipe House wurde speziell die «Punto de Confluentia» aufgelegt. Punto de Confluentia beschreibt den Punkt des Zusammenflusses von Mosel und Rhein. Und an diesem Zusammenfluss liegt Koblenz und damit das Pipe House.
Die „Punto de Confluentia“ wird in vier Formaten angeboten - Corona, Robusto, Churchill und Gigante. «Geschmacklich wird sie mittelstark mit angenehmen Röstaromen und schöner Cremenote sein.», beschreibt Jürgen Wilde die Punto de Confluentia, «Besonders der Nicaragua-typische, nahezu perfekte Abbrand war uns wichtig.»
Internet & Co.
Wer nicht persönlich das Pipe House in Koblenz besuchen kann, kann sich über das Angebot im Internet informieren. Alle Produkte können auch über den Webshop bestellt werden. Dieser wird auch in der nächsten Zeit überarbeitet werden, damit Kunden sich online noch besser über das Angebot informieren können.
Damit man keine Neuigkeiten oder interessante Veranstaltungen verpasst, kann man sich für den Pipe House Newsletter registrieren oder man folgt dem Pipe House in den sozialen Median Facebook und Instagram.
Im Pipe House in Koblenz dreht sich ausgeglichen viel um das Thema Pfeife und Zigarre. Das dieser Artikel «pfeifen-lastig» ist, hängt alleinig damit zusammen, dass ich leidenschaftlicher Pfeifenraucher bin und nur selten zur Zigarre greife. Deshalb fehlt mir einfach das Wissen, um kompetent über das Thema Zigarre ausführlich zu berichten. Man mag es mir bitte nachsehen.
Linktipps
- Interview Hans Wiedemann - HU Tobacco
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