Germain Brown Flake - ein großer Auftritt


Germains Brown Flake

J. F. Germains & Son… bekannt dafür, dass die meisten ihrer (erstklassigen) Tabake meist schwer zu bekommen sind und wenn doch, dann sind sie sehr schnell ausverkauft. Ich hatte das Glück eine Dose von Germains Brown Flake mit 8-10 Jahren „Aging“ aufm Buckel zu erhaschen.

 

 

Die Zeitkapsel

Der Latakia Flake von Germains hatte mich schon schwer begeistert… ein einzigartiges Aroma, für mich kaum vergleichbar mit anderen Latakia Flakes, die man so kennt. Zum Glück ist der Latakia Flake, genau so wie der (ebenso wunderbar mundende) Medium Flake von Germains stetig verfügbar hier in Deutschland. Den Brown Flake zu bekommen ist da schon was schwerer… und dann auch noch „aged“? Ich war jetzt schon fast im Pfeifenraucher-Himmel!

Lange war ich am hadern… eigentlich ist sie ja zu schade zum Öffnen… ist sie einmal offen gibt’s kein zurück…! Aber Tabak ist zum rauchen da und 8-10 Jahre Schönheitsschlaf sollen für diesen Prinzen reichen, dachte ich mir. Kühn griff ich zum Stopfer, nahm das Pfeifenmesser und »ppppfffffffffffttt!« – jetzt gab es kein zurück mehr!

Beim vorsichtigen, fast zeremoniellen Abheben des Deckels der kleinen Dose kam mir schon ein herrlicher Duft entgegen… dann sah ich das Papier! Es soll wohl mal weiß gewesen sein, jetzt ist es tiefbraun fermentiert. Ich ahnte, was darunter auf mich warten würde, aber was dann wirklich in dem Papier eingewickelt lag haute mich um…

Ein Klumpen braunes Gold

Ein „Batzen“ Flakes, von dem man nur schwerlich eine Scheibe ab pfriemeln konnte. Die oberste Scheibe hatte schon eine satte, braune Farbgebung mit einigen Zuckerkristallen. Wagemutig fummelte ich den Klumpen Tabak aus der Dose und dann…

WAS? Pechschwarze Öle und Tabaksäfte haben sich unten am Papier gesammelt. Der Tabak muss wunderbar nachgereift sein. Die Scheibe, die unten liegt ist bedeckt von einem klebrig-glänzenden Film von Tabaksäften. Mir lief das Wasser im Mund zusammen…

Dann erst einmal den Zinken in die Dose und an den Klumpen Tabak bewegt… herrlich! Eine sehr zigarrige Note, mit leicht fruchtigen Anklängen und milder Süße. Fast ein bisschen blumig beim zweiten Schnuppern, ja, fast „absorbieren des Dufts“… das war kein Geruch… es war ein Duft… ein Duft von den Tabakgöttern gesandt!

Wie der Medium Flake (der ein reiner Virginia ist) und der Latakia Flake, lässt sich auch der Brown Flake einfach zerreiben und man hat feine Ribbons. Trotz der 8-10 Jahre in der Dose war der Tabak sehr feucht. Etwas lüften musste er, erst einmal etwas frische Luft atmen. Verständlich nach so langer Zeit unter Vakuum in einer Dose… da kommt man schon mal ins Schwitzen! ;-)

Der Brown Flake ist ein Virginia+Kentucky Flake, seine Beschreibung tönt wie folgt: »Brown Flake is a molasses colored Virginia leaf. pressed into broad flakes that are resinous and delectable. The naturally bright lemon Virginia is first air cured to draw out the simpler, nuttier flavor, then pressed to ferment in its own vital juices.«

„Fermented in it´s own juices“… das konnte man unschwer erkennen! Enthusiastisch stopfte ich mir eine Füllung – wie immer bei mir neuen Tabaken – in eine Tonpfeife… es stand gar nichts zur Debatte, dass dieser Tabak mir nicht schmecken könnte. Der Duft, das Aussehen…

Stairway to Heaven

Ehrfürchtig betätigte ich mein Feuerzeug »KLICK…knister… paff«
Ich war da… das musste er sein… der Pfeifenhimmel… hoch oben bei den Tabakgöttern…
Sofort entwickelte der Brown Flake ein herrlich, vollmundiges zigarriges Aroma. Leicht blumige Töne begleiteten meinen Siegeszug in die heiligen Hallen des Tabakhimmels. Eine milde, zurückhaltende Süße trat hervor und begrüßte mich mit seinen lieblichen Honig- und Karamellaromen. Die Virginias mussten wunderbar karamellisiert und (nach-)fermentiert sein, hatten sie doch eine unverkennbare Note von fermentierten Früchten und sahnig-süßem Karamell… und dann stetig dieses wunderbare, zigarrige Aroma, mit viel Würze, fast ein bisschen rauchig. Es war, als hätte ich den Garten Eden betreten… wo feinste, herb-würzige Tabake rauchfertig an den Bäumen wachsen, ein Fluss aus Karamell und Honig fließt und die schönsten und duftigsten Blumen sprießen. All diese Aromen vereinte er, der Brown Flake, in einem Tabak, wie ich ihn noch nie zu vor in der Pfeife gehabt hatte.

»WAS – EIN – KRAUT« hauchte ich ehrfurchtsvoll in den leeren Raum. Na ja… so ganz leer war er nicht… meine Katze blickte mich mit großem Unverständnis an, während ich die Dose Tabak wie einen Pokal gen Himmel erhob und aus den Boxen Pink Floyd’s »Great Gig In The Sky« aus den Boxen tönte und Clare Torry sich die Seele aus dem Leib sang. Ich meine auch ein paar Engel melodramatisch „HOOOOOOO“ summen gehört zu haben in dem Moment… das war er… mein großes Auftritt im (Tabak-)Himmel!

Eine Weile genoss ich noch Musik und Tabak, bis das Lied sein Ende fand und das nächste Lied »Time« aus dem selben Album anfing zu klingen und mich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückholte… Zeit… auch diese Füllung würde enden… auch diese Dose würde zu Neige gehen… wie alles im Leben, würde auch dieser Genuss hier ein Ende finden… was bleiben wird sind Erinnerungen von schönen Zeiten, genussvollen Stunden und herzhafter Freude.

»Ticking away the moments that make up a dull day
You fritter and waste the hours in an offhand way.
Y
ou are young and life is long and there is time to kill today« - Roger Waters

Unsere Bewertung

  • Stärke: 3 von 5 Punkten (Mittelkräftig)
  • Geschmack: 4 von 5 Punkten (Vollwürzig, zigarrig, cremig, blumig, mild süß... er hat sie alle!)
  • Aromatisierung: 0 von 5 Punkten (Tabak pur)
  • Raumnote: trotz des zigarrigen Geschmacks tolerierbar bis angenehm

Legende:

1 – sehr mild;
2 – mild bis mittelstark/mild bis medium;
3 – mittelstark/medium;
4 – mittelstark bis stark/medium bis voll;
5 – Stark/(sehr) voll

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Fotos © 2018 Deniz Beck